Beschreibung des Kunstwerks «Glaspavillon»
In seinem Buch Glass Architecture schrieb der expressionistische Schriftsteller Paul Scheerbart: „Die Oberfläche der Erde hätte völlig anders ausgesehen, wenn die gemauerte Architektur überall durch Glas ersetzt worden wäre. Die Erde würde plötzlich mit Juwelen aus Edelsteinen und Emaille überzogen sein. Wir hätten ein Paradies auf Erden, und Sie müssten nicht länger sehnsüchtig in den Himmel schauen. "
Glaspavillon Bruno Tauta wurde zur lebendigen Verkörperung dieser utopischen Fantasie. Laut dem Architekten bestand seine Hauptidee darin, ein "Outfit für die Seele" zu bauen. Dieses nicht funktionierende Gebäude wurde jedoch für einen ganz bestimmten und materiellen Zweck entworfen: Der Glaspavillon wurde vom Verband der deutschen Glasindustrie in Auftrag gegeben, um das Potenzial verschiedener Glasarten für die Architektur zu demonstrieren. Die bizarre Struktur wurde zur Hauptattraktion der deutschen Werkbundausstellung von 1914 in Köln. Die Glaskuppel bestand aus zwei Schichten - mit farbigen Prismen innen und reflektierenden Gläsern außen.
Innerhalb des Pavillons befanden sich Metalltreppen mit Glastreppen, die zur oberen Projektionshalle führten, und ein siebenstöckiger Wasserfall mit Unterwasserbeleuchtung. Die Glaswände waren vom Boden bis zur Decke vollständig aus Mosaik. All dies erzeugte die Wirkung eines riesigen Kristalls, der mit einer unglaublichen Vielfalt an Farben strahlte. Der Fries des Glaspavillons war mit Zitaten von Paul Scheerbart verziert: "Glasmalerei zerstört Hass" und "Ohne Glaspalast ist das Leben ein Satz."
Taut beschrieb seine Struktur als "Ein kleiner Tempel der Schönheit", als "Lichtreflexe, deren Farben an der Basis mit Dunkelblau begannen, stiegen zu Dunkelgrün und Goldgelb auf, um sich oben in einer leuchtenden hellgelben Farbe zu vervollständigen." Leider können wir nur erraten, wie all diese Farbenpracht tatsächlich aussah, da die einzigen erhaltenen Fotografien des Glaspavillons Schwarzweiß sind und eine äußerst dürftige Vorstellung von der wahren Erscheinung dieses Gebäudes vermitteln können.
Werkbunds Ausstellung endete im August 1914, als Deutschland die Mobilisierung für den Ersten Weltkrieg ankündigte. Die fragile Struktur von Bruno Taut überlebte die Feindseligkeiten nicht, nur ein heruntergekommener Betonrahmen blieb erhalten. Da der Glaspavillon keine besondere Bedeutung hatte, wurden seine Überreste Anfang der 20er Jahre abgerissen. In den historischen Archiven von Köln wurden 1993 alte Pläne und Bauunterlagen für den Glaspavillon von Bruno Taut entdeckt. Die Organisation des Werkbundarchivs erstellte anhand dieser Pläne und Pläne einen Gebäudeplan. Jetzt ist es im Museum der Dinge in Berlin gespeichert.
Urheber: Evgeny Sidelnikov